Bühl-Balzhofen. Das Sonntagsprogramm des 71. Balzhofener Pfingstmusikfests ist von zwei Highlights im voll besetzten Festzelt eingerahmt worden: Beim Dixieland- und Jazz-Frühschoppen genoss das Publikum das virtuose Spiel der „Chickens Jazzband“. Heftig ging am Abend die Post ab: Von der Bühne pfefferte die bayerische Blaskapelle „Blechpfiff“ Polka, Marsch und Walzer ins Zelt. Das Publikum revanchierte sich mit Prosit-Gesängen in Meisterchor-Qualitäten.
Den seit Jahrzehnten beliebten Frühschoppen steuerten Fans der Musik und der Küche des Balzhofener Pfingstmusikfests an. Diese wartete auch heuer mit Gaumenfreuden auf, die für Zeltfeste außergewöhnlich sind, etwa vegane „Gnocchi mit Peperonata und Kalamata-Oliven“. Fleischliche Genüsse fanden aber ebenfalls viele Liebhaber: Der erstmals servierte Schweinerollbraten war heiß begehrt.
Auch zum ersten Mal gastierte die Chickens Jazzband vom Bodensee in Balzhofen. So ganz stimmt das nicht, denn: Vor 13 Jahren hatten die Mississippi Steamboat Chickens beim Pfingstmusikfest begeistert. Aus jener Formation ging jüngst die Chickens Jazzband hervor, der aber fünf Musiker aus der Vorgängerband angehören: Jürgen Herr (Bandleader, Klarinette und Saxofon), Michael „Fisch“ Maisch (Trompete), Andreas Schneider (Posaune), Heinz Kehrer (Banjo), und Michael Bremges (Schlagzeug). Neu bei den „Hühnern“ sind Martin Hess (Kontrabass) und Martin Sartor (Piano).
Schon von den ersten Tönen der Jazzband an ging das Publikum mit. Es belohnte die Band – und immer wieder die Solisten – mit Beifall auf offener Szene. Da gesellte sich zum behänden Banjo eine fetzige Posaune und ein Saxofon, das locker die Töne perlte. Es war eine Freude, Trompeter Maisch zuzuhören, auch als er in „I can’t give you anything but Love“ den rauchigen Gesangpart übernahm.
Der Humor kam nicht zu kurz: „Bei mir biste scheen für eine Mark und zehn – für zwei Mark und acht die ganze Nacht“, sang die Jazzband einen Klassiker. Die gut zwei Stunden gingen wie im Flug vorüber, bis dass sich die Chickens Jazzband mit einem wirklich wilden „Tiger Rag“ verabschiedete, zu dem Michael Bremges auf seinen Drums ein rhythmisches Feuerwerk entzündete.
Mit „Wir Musikanten“ stellten sich die von Jannik Stähle dirigierten Himbeer-Musikanten aus Unzhurst am frühen Nachmittag vor. Im Frühjahr diesen Jahres hatte Stähle sein Debüt-Konzert mit ihnen absolviert. Humorgewürzt und fundiert moderierte Klarinettistin Birgit Metzinger deren Konzert.
Die Unzhurster spannten den Bogen von den Ohrwürmern der „80er KULT(tour)“, wie „Skandal im Sperrbezirk“ und „1001 Nacht“, bis zur „Berliner Luft“, die sie erfrischend durch das Balzhofener Festzelt wehen ließen. Metzinger nahm Bezug auf den Fassanstich der Bühler Zwetschgenkönigin, als sie ankündigte: „Jetzt kommt sogar eine Kaiserin nach Balzhofen.“ Das stimmte, denn es erklang der Konzertmarsch „Kaiserin Sissi“, von den Himbeer-Musikanten mitreißend gespielt. Die stimmungsvolle Musik aus dem Nachbardorf von Balzhofen fand begeisterten Beifall.
Die Unterhaltung übernahmen hernach die Großweirer Musikanten, dirigiert von Christoph Mangold. Auch Blasmusik-Fachkollegen im Publikum äußerten sich höchst anerkennend über die musikalischen Qualitäten des Blasorchesters. Ausgewogen sei der Klang, sehr dynamisch das Spiel, und auch das Repertoire fand große Zustimmung.
Beim Top-Ereignis des Pfingstmusikfests stellten am Abend Musikerinnen und Musiker zahlreicher Blasorchester der Region einen Gutteil der Zuhörerschaft im Festzelt bei der Balzhofener St.-Anna-Kapelle. Die Blaskapelle „Blechpfiff“ aus dem bayerischen Oberland hatte kaum die „Regimentsparade“ gespielt, da gaben die Blaskapellen-Aktiven aus Mittelbaden ein so starkes Echo, dass sich Blechpfiff-Ansager Mathias Schuster hier schon mehrfach heftigst für die tolle Resonanz bedankte.
Harmonie-Vorsitzender Bernd Lienhart hatte erklärt, dass nach drei Jahren, in denen Bands ohne Holzbläser beim Pfingstmusikfest gastiert hatten, endlich wieder eine vollständig besetzte Blaskapelle an der Reihe sei. Tatsächlich: Im insgesamt 13-köpfigen Ensemble „Blechpfiff“ steuerten zwei Musiker die Klarinetten-Klänge (wenn gefordert, auch Saxofon-Töne) bei, was schon bei der „Schank-Polka“ für eine Bereicherung sorgte.
Pfiffige Kompositionen und Arrangements aus der Feder ihres Schlagzeugers Markus Radiske tischte die Band mit großem Erfolg auf: Im „Rüscherl-Boarischen“ glänzte sie auch mit den Qualitäten ihrer Tenor- und Flügelhornisten sowie dem zupackenden Spiel des Tubisten. Den charakteristischen Rhythmus des „Boarischen“ hört man eher selten bei hiesigen Blaskapellen. „Blechpfiff“ punktete auch mit den delikaten Radiske-Arrangements von „Somethin’ stupid“, „Abba-Hits“ und „Champs Élysées“.
Als wahre Bierzelt-Profis erwiesen sich die Oberbayern dadurch, dass ein Prosit der Gemütlichkeit das andere jagte. Der Ohrwurm „Eine letzte Runde“ läutete eben diese ein. Dann ging der Abend von „Blechpfiff“ mit „Kannst du Knödel kochen?“ ins volkstümliche Finale, vom Publikum stimmgewaltig singend unterstützt. (Text: Werner Vetter)
Mit prallem Sound pfeffert die oberbayerische Band „Blechpfiff“ volkstümliche Polkas, Märsche und Walzer sowie pfiffige Eigen-Arrangements von Pop-Hits ins voll besetzte Zelt beim Balzhofener Pfingstmusikfest. Fotos: Werner Vetter
Hoch konzentriert widmen sich die Musiker der Chickens Jazzband beim Frühschoppen in Balzhofen Dixieland-Klassikern – mit Erfolg: Das Publikum ergötzt sich an deren virtuosen Improvisationen. Foto: Werner Vetter
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